Nachgefragt - Interviews und Berichte im "in puncto - kulturelle Bildung"

Auf dieser Seite finden Sie alle Beiträge aus der Rubrik "Nachgefragt" unseres Newsletters "in puncto - kulturelle Bildung"

 

Statement von Kristin Baden-Walther, Leiterin des Kulturzentrums Erzhammer in Annaberg-Buchholz, Erzgebirge

Die LKJ Sachsen e.V. hatte die Einsatzstellen in den Freiwilligendiensten Kultur und Bildung gebeten, sich zu den drohenden Kürzungen im Kinder- und Jugendplan des Bundes zu äußern. Frau Baden-Walther hat in einem Video-Statement Auskunft zu den möglichen Auswirkungen auf ihre Einsatzstelle gegeben. Hier die Textfassung des Beitrages:

"Wenn die geplanten Kürzungen der Freiwilligendienste umgesetzt werden, dann würde eventuell bei uns im Haus eine Stelle wegfallen und das bedeutet, dass wir Vermittlungsangebote, klöppeln, schnitzen für Kinder, aber auch Kreatives in der Keramikwerkstatt gar nicht mehr umsetzen können. Unterstützung bei Veranstaltungen würde wegfallen, wir würden unser Angebot dezimieren und auch der Bereich Öffentlichkeitsarbeit könnte dann nicht mehr so ausgeführt werden, wie er jetzt ausgeführt wird.

Wir haben Freiwilligendienstleistende aus der gesamten Region über 12 Jahre hinweg begleitet und haben immer noch einen guten Kontakt zu ihnen. Viele sind in die Bereiche Kultur oder Pädagogik gegangen, haben dort ihren Lebensweg gefunden und alles das würde wegfallen, wenn diese Kürzungen durch den Bundestag bestätigt werden sollten. Wir sprechen uns deshalb massiv gegen die geplanten Kürzungen der Bundesregierung aus!

Wir brauchen die Bundesfreiwilligendienste zur Kulturvermittlung, besonders hier im ländlichen Raum. Das ist wichtig für unsere Einrichtung, daher unterstützen wir diese Kampagne."

Zum gesamten Video hier

 

Interview mit Prof. Dr. Nina Kolleck, Projektleitung von "MetaKLuB"

Frau Prof. Dr. Nina Kolleck leitet das Metavorhaben zur Förderrichtlinie "Kulturellen Bildung in ländlichen Räumen (MetaKLuB)“ welches verschiedene, vom BMBF geförderte Forschungsprojekte umfasst. Zum 1. April 2023 ist Nina Kolleck durch den Ruf der Universität Potsdam mit dem Metavorhaben von der Universität Leipzig nach Potsdam gewechselt. Vom 20. Bis 22. September 2023 wird in Leipzig und hybrid eine Konferenz zu den Forschungsergebnissen stattfinden

Projekte wie PaKKT oder KUMULUS untersuchen die Zusammenhänge zwischen sozialer Teilhabe, Infrastruktur und kultureller Bildung - können aus den Erkenntnissen einzelner Studien Strukturempfehlungen für die kulturelle Bildung in ländlichen Räumen abgeleitet werden, die auf sächsische Kommunen und Landkreise übertragbar sind?

In dem Metavorhaben MetaKluB begleiten und unterstützen wir alle Forschungsprojekte der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Förderrichtlinie „Kulturelle Bildung in ländlichen Räumen“ des BMBF Rahmenprogramm Empirische Bildungsforschung. Zudem betreiben wir eigene Forschung bzw. Metaforschung. Die Projekte in dieser Förderrichtlinie wurden aus der Perspektive verschiedener Fachrichtungen wie u.a. Erziehungswissenschaft, Politikwissenschaft, Kulturwissenschaft, Soziologie sowie Raumwissenschaft durchgeführt und haben durch ihre vielseitigen Perspektiven und kreativen Methoden neue, spannende Ergebnisse geliefert.

Ein Beispiel dafür ist das Projekt KUMULUS (Kulturell-musische Bildung für Jugendliche des ländlichen Raums), das die Rahmenbedingungen und Gestaltungsräume junger Menschen in Bezug auf kulturelle Bildung in ländlichen Räumen untersucht und von Prof. Dr. Cathleen Grunert sowie Prof. Dr. Birgit Reißig geleitet wurde. Das Projekt konnte u.a. zeigen, dass kulturelle Freiräume für die Persönlichkeitsentwicklung von Kindern und Jugendlichen unverzichtbar sind. Eine Schlussfolgerung aus dem Projekt ist, dass kulturelle Bildungsinfrastrukturen geschaffen werden müssen, die auf die Bedürfnisse junger Menschen abgestimmt sind, um kulturelle Freiräume zu schaffen. Es stellt sich heraus, dass es zur Herstellung der günstigen Rahmenbedingungen vor allem auch die Unterstützung von politisch-administrativen Institutionen braucht. Doch hier gibt es Spannungen zwischen Pädagogik und Politik, die durch die Wissenschaft vermittelt werden können.

Das Verbundprojekt PaKKT, das u.a. von Prof. Dr. Saskia Bender verantwortet wurde, setzte sich hingegen mit den inneren Regelmäßigkeiten von kultureller Bildung in ländlichen Räumen auseinander. Dabei wurde untersucht, wie kulturelle Bildungsangebote in die Einflussstrukturen der ländlichen Regionen passen und wie sich diese Verhältnisse in Kooperations- und Netzwerkstrukturen widerspiegeln. Die Ergebnisse zeigen, dass es eine Spannung zwischen kultureller Bildung und regionalen Einflussstrukturen gibt, die in den Netzwerk- und Kooperationsstrukturen sichtbar wird. In den untersuchten ländlichen Räumen konnte weniger ein kollektives Miteinander, sondern eher eine Parallelstruktur identifiziert werden. Die Entwicklung und Stabilisierung von kooperativen Beziehungen zeigte sich als instabil und stand in einem Spannungsverhältnis zwischen Aufrechterhaltung und Zerfall.

Die wissenschaftlichen Erkenntnisse aus den beiden Projekten haben Relevanz für sächsische Kommunen und Landkreise. Es zeigt sich, dass trotz der höchsten Pro-Kopf-Ausgaben für kulturelle Formate in Sachsen, bedarfsgerechte kulturelle Bildungsformate für junge Menschen in ländlichen Regionen nach wie vor fehlen. Hier besteht Bedarf an niedrigschwelligen und zugänglichen Angeboten. Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass die Digitalisierung eine Chance für die kulturelle Bildung bietet. Politische Interventionen sind notwendig, um flächendeckende Angebote zu schaffen.

Neben politischen Rahmenbedingungen spielen auch regionale Stile eine Rolle bei der Etablierung von kulturellen Bildungsinfrastrukturen in strukturschwachen Räumen. Die Befunde des Projekts PaKKT zeigen, dass trotz Spannungen zwischen städtisch-geprägter kultureller Bildung und ländlichen Räumen, beide nebeneinander existieren können. Eine Ambiguitätstoleranz kann helfen, latente Konflikte zu bewältigen und Angebote aufrechtzuerhalten, obwohl sie nicht von allen begrüßt werden.

Insgesamt können die Erkenntnisse der beiden Projekte dazu beitragen, bedarfsgerechte kulturelle Bildungsangebote in ländlichen Regionen zu etablieren und somit die Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen zu fördern. Politische Interventionen und eine Ambiguitätstoleranz sind wichtige Faktoren, um diesen Prozess zu unterstützen.

In Sachsen gibt es seit 2018 das „Landesweite Konzept Kulturelle Bildung“, Jugendberichte und Jugendstudien erfassen zudem regelmäßig die Situation junger Menschen – inwiefern knüpfen die Forschungsergebnisse im Rahmen von MetaKLuB an vorhandene Studien an, um sowohl landes- als auch kommunalpolitisch wirksam zu werden?

Die Forschungsergebnisse des Metavorhabens MetaKluB knüpfen eng an vorhandene Studien und Konzepte in Sachsen an, um landes- und kommunalpolitisch wirksam zu werden. Ein Schwerpunkt des Metavorhabens ist es, mittels eigener Analysen einen umfassenden Überblick zum bisherigen Forschungsstand zu kultureller Bildung in ländlichen Räumen zu verschaffen. Dabei werden potenzielle Desiderate, Herausforderungen und Gelingensbedingungen erfasst.

Die Forschungsvorhaben der Förderrichtlinie adressieren u.a. drei Bereiche, die auch in den Leitzielen des "Landesweiten Konzepts Kulturelle Bildung für den Freistaat Sachsen" zu finden sind, was eine nahtlose Integration der Forschungsergebnisse in bestehende Studien ermöglicht. Die Erkenntnisse aus den Einzel- und Verbundprojekten der Förderrichtlinie werden mit den Ergebnissen der eigenen Analysen des Metavorhabens MetaKluB zu einem theoretischen Rahmen synthetisiert, was zu einem wertvollen und unvergleichbaren Wissensschatz führt. Auf dieser Grundlage können Desiderate in Forschung und Praxis sowie Gelingensfaktoren identifiziert und unmittelbar an die Landes- und Kommunalpolitik herangetragen werden.

Durch diese Verknüpfung von Forschungsergebnissen mit bestehenden Konzepten und Studien wird sichergestellt, dass die Erkenntnisse aus MetaKluB landes- und kommunalpolitisch wirksam werden und so einen positiven Einfluss auf die kulturelle Bildung in ländlichen Räumen ausüben.

Welcher gezielte Wissenstransfer kann für Entscheider*innen in Politik und Verwaltung hilfreich sein, um regionale oder landesweite Konzepte für gelingende Teilhabe an kultureller Bildung in ländlichen Räumen weiter zu entwickeln?

Die Frage, wie gezielter Wissenstransfer für Entscheider*innen in Politik und Verwaltung hilfreich sein kann, um Konzepte für gelingende Teilhabe an kultureller Bildung in ländlichen Räumen weiterzuentwickeln, ist von großer Bedeutung. Doch wir müssen bedenken, dass es keine allgemeingültige Definition von Wissen gibt und daher kein ideales Konzept für den Wissenstransfer existiert. Unsere aktuellen Forschungsbefunde zeigen, dass Wissen standortgebunden ist und somit ein Transfer in den Kontext der kulturellen Bildung nicht losgelöst von den bestehenden Machtverhältnissen stattfinden kann.

Das Übertragen eines Best-Practice-Wissens ist keine Erfolgsgarantie, da kulturelle Akteur*innen je nach regionalen und ländlichen Gegebenheiten mit Abwehrgesten und Gegenbewegungen konfrontiert werden können. Um Konzepte der kulturellen Bildung erfolgreich fortzuschreiben, ist es daher von entscheidender Bedeutung, die jeweiligen Kommunen und ihre regionalen Eigenheiten einzubeziehen.

Erst auf dieser Grundlage können die neu generierten Befunde der Förderrichtlinie individuell angeknüpft und anschließend weiterentwickelt werden. Daher sollten Entscheider*innen in Politik und Verwaltung eng mit den lokalen Akteurinnen und der regionalen Gemeinschaft zusammenarbeiten, um ein umfassendes Verständnis für die kulturellen und sozialen Bedürfnisse und Herausforderungen in ländlichen Gebieten zu entwickeln. So kann ein gemeinsames Verständnis für die kulturelle Bildung entstehen, das auf den spezifischen Gegebenheiten und Bedürfnissen der jeweiligen Region basiert und dazu beiträgt, erfolgreiche Konzepte für die Teilhabe an kultureller Bildung in ländlichen Räumen zu entwickeln.

Interview mit Kirstin Zinke, seit Mai 2022 Geschäftsführerin des Landesverbands Soziokultur Sachsen.

2022 war das Jahr der Jubiläen für viele Landesverbände, auch der Landesverband Soziokultur feierte 30-jähriges Bestehen. Was macht den Verband nach 30 Jahren aus? Wo liegen die Schwerpunkte der kommenden Jahre?

Der Landesverband ist in seiner Herkunftsgeschichte fest verankert mit der politischen Wende. Die Gründungsmütter und -väter waren zuvor in subkulturellen Nischen, kirchennahen Kreisen und privaten Initiativen engagiert. Sie eroberten mutig das nach 1990 entstandene Vakuum und füllten dieses mit Soziokultur und gesellschaftlichem Diskurs. So hat sich der Verband seinen inhaltlichen Anspruch und seinen gesellschaftlichen Auftrag selbst formuliert. Das macht den Verband auch heute aus. Seine Mitglieder sind leidenschaftliche Gestalter und Ermöglicher. Der Landesverband mischt sich ein. Scheut keine Debatte. Lebt Demokratie. Kultur und Gesellschaft brauchen solche Unruhepole. Aktuell sind wir mit über 60 Mitgliedseinrichtungen sachsenweit präsent. Darauf sind wir stolz und arbeiten weiter daran, unser Netz auszubauen.

Die Gesellschaft steckt in tiefen Krisen. Dachten wir noch, dass wir die Pandemie überwunden haben, so erschüttert uns aktuell schwer der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und seine Folgen. Wie geht die Gesellschaft und wie geht der Kulturbetrieb damit um? Welchen Beitrag kann die sächsische Soziokultur leisten? So werden wir im Herbst diesen Jahres mit einem Fachtag auf das aktuelle Geschehen reagieren und über die Zukunft sächsischer Soziokultur debattieren. Wir müssen uns nicht neu erfinden. Aber unsere Rolle in der Gesellschaft neu definieren. Wir werden als Dach- und Fachverband noch stärker die Interessen unsere Mitglieder vertreten und uns in den kulturpolitischen Diskurs einbringen. Das geht nur gemeinsam in enger Zusammenarbeit mit den Sächsischen Kulturverbänden.

Soziokulturelle Zentren sind Orte kultureller Bildung. Welche Rolle können sie bei der Umsetzung des Landesweiten Konzepts Kulturelle Bildung im Freistaat Sachsen spielen?

In allen sächsischen Kulturräumen sind unsere soziokulturellen Zentren vertreten. Wir sind verlässliche Partner für Akteur*innen in urbanen und ländlichen Räumen. Kulturelle Bildung ist eine Grundsäule unseres Wirkens. Bei der Erstellung des Landesweiten Konzeptes haben wir aktiv mitgewirkt. Soziokultur ist ihrem Wesen nach teilhabeorientiert. Kultur von allen, für alle und überall. Wir leben den erweiterten Kulturbegriff. Das darf nicht verwechselt werden mit Niedrigschwelligkeit oder Qualitätsverlust. Im Gegenteil. Das gesetzte Ziel, jedem den Zugang zu ermöglichen, ihn zu gewinnen und zu beteiligen ist hoch und nur durch große Professionalität erreichbar. Unsere Einrichtungen verfügen über diese Professionalität und sind Netzwerker. Ich freue mich auf den bevorstehenden gemeinsamen Prozess der Fortschreibung. Es ist immer gut, Geleistetes zu hinterfragen und sich neu zu justieren.

Die Zeiten bleiben herausfordernd, ob steigende Energiekosten, Inflation oder die Unterbringung von Geflüchteten in Sachsen – wie begegnen die soziokulturellen Zentren den steigenden Anforderungen?

Machen! Soziokulturelle Zentren sind gesellschaftliche Anker. Sie sind notwendige Institutionen für ein gelingendes Gemeinwesen. Sie sind Teil der Bürgergesellschaft und eben Mitgestalter. Und: sie sind in aller Regel nicht kommunal getragen. Die meisten unserer Einrichtungen haben die Rechtsform eines Vereins, seltener einer gGmbH. Hier ist ein betriebswirtschaftliches Denken überlebenswichtig und vorhanden. Dennoch, die aktuellen Herausforderungen führen auch uns an unsere Grenzen. Nicht jedes Anliegen einer Kommune und nicht jede noch offenen soziale Flanke kann durch soziokulturelle Einrichtungen geschlossen werden. Wir leisten verlässlich unseren Beitrag. Ich hoffe und wünsche mir, dass die politisch Verantwortlichen auf kommunaler, Landes – und Bundesebene das notwendige Ihre tun. So werden wir gemeinsam die Herausforderungen meistern.

Interview mit Markus Franke, Ministerialdirigent und Abteilungsleiter Kunst im Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus

Mit "Zukunft hoch K“ regen Sie einen breiten Kommunikationsprozess über aktuelle und zukünftige Herausforderungen für die Kultur in Sachsen an, wie schätzen Sie den Stellenwert der gleichberechtigten Teilhabe an kultureller Bildung in diesem Prozess ein?

Wir haben Leitthemen im Dialogprozess, zu denen auch Vermittlung und Publikumsentwicklung gehören. Dabei wird wie auch bei anderen Themen die kulturelle Bildung sicher einen breiten Raum einnehmen.

Was wie intensiv diskutiert wird, hängt natürlich auch von den Dialogteilnehmenden ab und welche Schwerpunkte und Prioritäten sie setzen. Dass wir mit kultureller Bildung eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe haben, die gleichzeitig die kulturelle und künstlerische Arbeit befruchtet, das ist sicher unstrittig. Der hohe Stellenwert, den wir der kulturellen Bildung beimessen, ist auch an der Tatsache erkennbar, dass nicht nur die Förderrichtlinie Kulturelle Bildung novelliert wurde, sondern dass darin neue, innovative Ansätze, z. B. ein eigens für Jugendkunstschulen konzipierter Förderprogrammteil, enthalten sind.

Die Ansprechpartner*innen und Netzwerkstellen für kulturelle Bildung sind das Rückgrat der kulturellen Bildung auf örtlicher Ebene, wie planen Sie, diese Strukturen weiter zu fördern?

Die Förderung der kulturellen Bildung wird weiterhin über die nun überarbeitete Richtlinie unseres Ministeriums erfolgen, die eine verlässliche Förderung der Netzwerkstellen beinhaltet, die wir auch im neuen Haushalt auf dem bestehenden Niveau halten wollen. Zudem begleiten wir mit den Ansprechpartnertreffen die Arbeit auch durch den persönlichen Austausch und können so Themen gemeinsam gestalten.

Das "Landesweite Konzept Kulturelle Bildung im Freistaat Sachsen" war ein Meilenstein hinsichtlich seiner Ziele und Vorhaben – die Corona-Pandemie hat die Umsetzung des Konzepts aufgehalten, welche Schritte sind aus Ihrer Sicht notwendig, um diese wieder in Gang zu bringen?

Dazu findet ja bereits in den erwähnten Treffen ein Austausch statt und wir müssen uns bemühen, dass wir auf Basis der vorhandenen Kapazitäten und Ressourcen das Konzept leben und die vereinbarten Ziele im Auge behalten. Und das möglichst auch in diesen schwierigen Zeiten, die eben noch nicht das Ende der Pandemie brachten und nun mit den Auswirkungen des verbrecherischen Krieges gegen die Ukraine uns vor noch weit gravierendere Herausforderungen stellen. Wichtig wäre eine Konsolidierung der Situation. Nur so können wir in absehbarer Zeit die Wirksamkeit des Konzeptes bewerten und im günstigen Fall die darin enthaltenen Maßnahmen fortschreiben oder kritisch hinterfragen.

 
Interview mit Dr. Desiré Brendel, Leiterin der Kinderstation der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Kindes- und Jugendalters am Universitätsklinikum Leipzig

Frau Brendel, die Herausforderungen durch Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg, Energie- und Klimakrise sind sowohl für die Akteur*innen kultureller Bildung wie auch für Kinder und Jugendliche mit und ohne Fluchterfahrung groß. Welche Aspekte sind aus Ihrer Sicht relevant für die Planung kultureller Angebote mit Kindern und Jugendlichen um den aktuellen Krisen adäquat zu begegnen?

Im Unterschied zur Pandemie als ständiger, unklarer Bedrohung, die menschlichen Kontakt als potenziell gefährlich einstuft, gibt es im Krieg eine klare Bedrohung von außen und damit verbunden andere mögliche psychische Folgen. Wichtig ist grundsätzlich, dass es wieder kulturelle Angebote gibt, die den Alltag bereichern und Abwechslung schaffen. Vieles ist möglich und zu viele Bedenken sind insbesondere in der Arbeit mit Geflüchteten eher kontraproduktiv. Die Website https://www.refugee-trauma.help bietet gute Hinweise zur Stressbewältigung, die in die Angebote integriert werden können.

Dabei sind Kulturakteur*innen keine Therapeut*innen sondern sollten bei Bedarf vielmehr das Gespräch mit den Erziehungsberechtigten suchen und auf psychiatrische Hilfsangebote/Ambulanzen verweisen.

Außerdem ist Verlässlichkeit derzeit ein wichtiger Punkt. Das Vertrauen in den Alltag muss wieder gelernt werden, da die wiederholten Lockdowns zu Enttäuschungen geführt haben. Routinen und Gruppenregeln zu etablieren und zu kommunizieren kann zudem hilfreich sein, um individuelle Grenzen zu berücksichtigen und Rückzugsmöglichkeiten zu schaffen. Denn es braucht geschützte, sichere Räume, in denen Gefühle ausgedrückt werden können.

Gut ist es inhaltlich auch einmal aus dem, insbesondere durch die Medien aufrechterhaltenen, "Dauer-Krisenmodus" herauszukommen und eher an wichtige persönliche Themen, wie die erste Liebe oder Freundschaften anzuknüpfen.

Bei Zukunftsängsten und damit verbundenem Stress kann ein kleiner Realitäts-Check entlasten, denn Deutschland ist ein sicheres Land mit einem guten sozialen Absicherungs- und Gesundheitssystem, einer hohen Lebenserwartung und wenig von Katastrophen betroffen.

Wie können die Akteur*innen kultureller Bildung unterstützt werden, um den derzeitigen Herausforderungen gut gewachsen zu sein?

Vor allem eine gute Selbstfürsorge ist wichtig. Zwei Jahre Pandemie sind auch zwei Jahre mit ungewöhnlicher Mehrbelastung. Viele Lehrer*innen und Mitarbeiter*innen der Kinder- und Jugendhilfe sind ausgebrannt. Entlastungsvorschläge, ob durch Supervision oder Teamgespräche, können hier hilfreich sein, aber auch die Maßstäbe an die Ergebnisse von Projekten etwas niedriger zu setzen, frei nach dem Motto „Es ist gut, dass überhaupt wieder etwas stattfinden kann.“

Interview mit Wiebke Pranz, seit 2017 Anspechpartnerin für kulturelle Bildung der Stadt Leipzig

Frau Pranz, wie schätzen Sie die Situation der kulturellen Bildung in der Stadt Leipzig ein?

Grundsätzlich gut! Leipzig ist Kulturstadt und hat ein sehr vielseitiges Spektrum an Kulturangeboten in verschiedensten Sparten. Um diese Strukturen weiter zu stärken und auszubauen, hat der Leipziger Stadtrat in 2019 beschlossen, die Fördermittel für die freie Szene um 3,6 Mio. Euro auf über 10 Mio. Euro aufzustocken. Davon profitiert Leipzigs freie Szene in allen Sparten und natürlich auch die kulturelle Bildung. Konkret bedeutet die Aufstockung: Es können mehr Projekte umgesetzt und Projekte auskömmlicher gefördert werden, was ich im Sinne der Qualitätsentwicklung sehr wichtig finde.

Trotzdem gibt es viele Kinder und Jugendliche, die aufgrund soziökonomischer Nachteile schlechtere Zugänge zu kultureller Bildung erleben oder in Stadtteilen mit weniger kulturellen Angebote leben. Der Stadt ist es sehr wichtig, hier gegen zu steuern. So versucht das Kulturamt gezielt, Angebote und Netzwerke in Schwerpunkträumen der Stadtentwicklung zusammen mit Quartiersmanagements, anderen Ämtern und Akteur*innen vor Ort zu stärken. Mit dem Förderprogramm "Kultur Kollaborateure" gelingt es uns seit 2019, Kulturelle Bildung direkt in Schwerpunkträume der Stadtentwicklung zu bringen und aktuell mehr als 400 Kinder und Jugendliche elternunabhängig über ihre Schulen, Horte und Kitas zu erreichen.

Aktuell wird die Fachförderrichtlinie Kultur in einem umfangreichen, beteiligungsorientierten Prozess überarbeitet, können Sie diesen und die Hintergründe dieser Verfahrensweise näher beschreiben?

Mit der Überarbeitung der Fachförderrichtlinie (als rechtlicher Grundlage für die Förderung des Kulturamts), sollen die Rahmenbedingungen für die Kulturförderung und die freie Szene in Leipzig weiter verbessert werden. In Workshops mit Vertreter*innen der freien Kunst und Kultur, Verbänden und anderen Fördermittelgeber*innen überprüft das Kulturamt gegenwärtig die Ziele, Kriterien und Instrumente seiner Förderung sowie das Verfahren selbst. Wir möchten, dass die Förderrichtlinie die Bedarfe der freien Kunst- und Kultur künftig noch besser abbildet und gute Impulse für weitere Entwicklungen im Kulturbereich setzen kann.

Vor welchen Herausforderungen steht der Arbeitsbereich kulturelle Bildung aktuell in Leipzig?

Es ist kein spezifisch Leipziger Thema, aber ich glaube, wir alle müssen noch diverser, inklusiver und diskriminierungssensibler werden. Dazu gehört es auch, Diversität und Vielfalt in den eigenen Reihen zu stärken: beim Personal, bei beteiligten Künstler*innen, Workshopleitenden, den Programminhalten und natürlich auch im Bereich der Förderung. Ein Bericht der bundesweiten Initiative kulturelle Integration aus dem Jahr 2021 hat gezeigt, dass sich die kulturelle Diversität unserer Gesellschaft noch nicht ausreichend in Kultureinrichtungen wiederspiegelt. Dabei ist Vielfalt eine Frage der Zukunftsfähigkeit von Kultureinrichtungen und des Zugewinns an Perspektiven, Potential und Expertise.

Natürlich spielen auch die Themen Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) derzeit eine wichtige Rolle in Leipzig. Mich freut es sehr, dass zu diesen Themen nun auf verschiedenen Ebenen Bewegung ins Spiel kommt. So ist Leipzig eine von 50 Modellkommunen bundesweit, die BNE in ihrer kommunalen Kultur- und Bildungslandschaft verankern will. Auch beschäftigen sich die kommunalen Kultureinrichtungen stark mit dem Thema Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Das ambitionierte Ziel bis 2035 ist, Veranstaltungen möglichst klimaneutral durchzuführen.

Im Zuge der Corona Pandemie und ihren Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche ist für mich auch die Frage nach Bildungsgerechtigkeit drängender denn je. Kinder und Jugendliche müssen unabhängig von ihrem Hintergrund Gelegenheit haben, kulturelle Bildung zu erleben. Ich wünsche mir deshalb, dass es künftig noch stärker gelingt, kulturelle Bildung in Einrichtungen wie Schulen, Horten und Kitas zu verankern, die von allen Kindern besucht werden und gemeinsam anregende Lebensorte zu gestalten, an denen Kinder und Jugendliche mit allen Sinnen und Neugier lernen.

Mit den Herausforderungen und Chancen kultureller Bildung beschäftigen sich dieses Jahr auch mehrere Veranstaltungen in Leipzig: die YUNIK Konferenz für kulturelle Bildung vom 18. bis 20. Mai, die Fachtagung der LKJ Sachsen am 20. Mai und der Fachtag und Barcamp „Zukunft der Kulturellen Bildung“ am 12. Oktober.

 

 

Im Gespräch mit Feriel Bahloul, seit September 2021 Freiwillige bei der LKJ Sachsen e.V.

Feriel, du hast dich noch während der Schulzeit für einen Freiwilligendienst entschieden, was hat dich dazu motiviert und vor allem, warum im Kulturbereich?

"Was möchtest du denn eigentlich nach der Schule machen?" - diese Frage begleitete mich neben dem Prüfungsstress des vergangenen Winters täglich in meinem Alltag. Neben der Tatsache, erst einmal ein Jahr etwas anderes außer Schule machen zu wollen, war mir noch nicht klar, was genau ich eigentlich mit meinem Leben anstellen wollte. Zwischen dem endlosen Bangen um Homeschooling und Präsenzprüfungen fiel mir eines Abends im Dezember 2020 eine Ausschreibung für den Freiwilligendienst im Bereich Kultur und Bildung auf. Bis zu diesem Zeitpunkt war mir nicht einmal bewusst, dass ein solches Format in den Freiwilligendiensten überhaupt existierte. Damit einher ging auch direkt mein nächster Gedanke: Was überhaupt umfasst denn eigentlich "Kultur"? Meine Neugier war geweckt und so entwickelte sich ein Interesse an der Frage, wie sich Kultur überhaupt definiert. Um  Antworten zu finden, bin ich nun seit September 2021 bei der LKJ Sachsen als Freiwillige tätig.

Was möchtest du im Rahmen des Freiwilligenjahres für dich mitnehmen?

Im Grunde genommen wünsche ich mir, auf das Jahr zurückschauen zu können und dabei nicht nur an mir selbst gearbeitet zu haben, sondern auch den Menschen um mich herum etwas Gutes getan zu haben. Ich hoffe, diese neuen Erfahrungen und das Wissen, das ich durch meine Arbeit erlangt habe, gut in meiner Zukunft verwenden zu können. Natürlich würde ich mich auch freuen, wenn die neuen Kontakte zu den anderen Freiwilligen langfristig bestehen bleiben.

Was können Kultureinrichtungen von jungen Freiwilligen aus deiner Sicht lernen?

Die Kulturbranche ist in Zukunft immer mehr auf ein jüngeres Publikum angewiesen und bedarf meiner Meinung nach einer Überdenkung der momentanen Ausrichtung. Um mehr Menschen langfristig erreichen zu können, wäre es ideal, Kinder so früh wie möglich in Berührung mit Kultur zu bringen. In diesem Kontext spielt die Schule eine enorm große Rolle, da in diesem Rahmen die größte Einflussnahme stattfindet. Wenn man es schafft, die jungen Menschen schon früh für kulturelle Aktivitäten zu begeistern und eine Beziehung zu ihnen herzustellen, hat man damit schon eine sehr wichtige Grundlage geschaffen. Dann steigt auch die Bereitschaft, sich z.B. in einem Freiwilligendienst oder/und in einer Kultur- und Jugendeinrichtung zu engagieren.“

Wichtig ist auch, die Angebote auf vielfältige Personengruppen anzupassen, um nicht immer nur dieselben Personen anzusprechen. Diversität bzw. Vielfalt ist noch immer ein Thema, das noch stärker in der Kulturszene berücksichtigt werden müsste.

Im Gespräch mit Dr.in Nina Stoffers, neue Geschäftsführerin der LKJ Sachsen e.V.

Welche Inhalte und Schwerpunkte haben deine bisherige Arbeit geprägt und wie möchtest du diese in deine neue Tätigkeit einbringen?

Seit 15 Jahren bewege ich mich im Feld der kulturellen Bildung und zwar auf verschiedenen Pfaden: Zum einen bringe ich die wissenschaftlich-neugierige Forschungsbrille mit und interessiere mich für theoretische Auseinandersetzungen und Fachdiskurse, um gesellschaftspolitisch relevante Themen zu bearbeiten und wieder in die Praxis einzuspeisen. Ohne Praxis keine Theorie und ohne Theorie kein Vorankommen in der Praxis. Zum anderen habe ich prägende Impulse durch die feministische Mädchenkulturarbeit und die Begleitung und Beratung von verschiedenen kulturellen Praxisprojekten erfahren, die auf Selbstorganisation und Selbstwirksamkeit beruhen. Deshalb ist mir das Schaffen von Strukturen wichtig, in denen diese Aspekte handlungsleitend für Kinder und Jugendliche sind. Ich komme vor allem aus dem musikalischen Bereich, beschäftige mich als Kulturwissenschaftlerin aber auch schon sehr lange mit dem weiten Spektrum ästhetisch-künstlerischen Schaffens. Meine Arbeitsschwerpunkte beinhalten Fragen der Zugänge und Vermittlung, der machtkritischen kulturellen Repräsentation und danach, was diversitätssensible kulturelle Teilhabe eigentlich konkret bedeutet bzw. bedeuten kann. Da mich diese Fragen nach wie vor sehr beschäftigen, möchte ich sie einbringen und sehe gerade im Team der Geschäftsstelle viele Anknüpfungspunkte und eine große Motivation dafür.

Was motiviert dich in einem Landesverband wie der LKJ Sachsen für die kulturelle Bildung einzutreten?

Wenn wir uns (beruflich) im Bereich kulturelle Bildung engagieren, dann zumeist, weil uns die eigene Prägung und/oder eine intrinsische Motivation leiten; weil wir davon überzeugt sind, dass die Möglichkeiten, die wir in der Betätigung mit Kunst und Kultur finden, wichtig und wertvoll für uns und vielleicht auch für die Gesellschaft sind. So ist es auch mir eine Herzensangelegenheit, denn kulturelle Bildung kann starke Impulse auslösen und wegweisend für die Gestaltung des eigenen Lebens sein. Ich sage bewusst "kann", denn kulturelle Bildung sollte nicht als Hoffnungsversprechung für alle gesellschaftlichen Problemlagen angesehen werden. Sie kann neue Perspektiven aufzeigen, die Eigenbeteiligung und das demokratische Miteinander befördern, die Persönlichkeit in der Auseinandersetzung mit der Welt entwickeln. Dennoch ist das Recht auf kulturelle Teilhabe häufig genug noch nicht einlösbar. Das hat z.B. mit geringeren Zugangschancen von bislang wenig repräsentierten oder marginalisierten Gruppen zu tun, mit einer im Vergleich zu den Städten schwierigen kulturellen Infrastruktur im ländlichen Raum oder auch damit, dass die Forschungslage z.B. zu Bedarfen und Angeboten im Bereich kulturelle Bildung noch sehr ausbaufähig ist. Da ich schon lange in Leipzig meinen Lebensmittelpunkt habe, ist es für mich ein absoluter Glücksfall, dass ich mich nun von hier aus um die Belange und die Vision, dass dieses Recht sachsenweit stärker und sichtbarer wird, einbringen darf.

Der Blick auf die kulturelle Bildung auf Landesebene ist (noch) frisch – was fällt dabei auf?

Das ist eine schöne Frage, denn in der Tat bringt der Luxus des frischen Blicks einiges Erstaunen mit sich: Im bundesweiten Vergleich wird die Struktur der Kulturräume immer wieder als produktives Beispiel genannt, wenngleich sich das Konzept sicher auch weiter entwickeln muss. Mit dem landesweiten Konzept kulturelle Bildung von 2018 ist Sachsen ebenfalls ein Meilenstein gelungen, an dessen weiterer und ernsthafter Umsetzung wir aber unbedingt arbeiten müssen. Dass kulturelle Bildung eine Querschnittsaufgabe ist, ist ebenfalls anerkannt, aber mir scheint, dass auch hier noch viel Luft nach oben in der tatsächlichen Umsetzung besteht. Auch in den Kooperationen mit Schulen kann ich mir noch eine intensivere Zusammenarbeit vorstellen. Die LKJ Sachsen hat sich einen sehr guten Ruf erarbeitet und genießt zu Recht eine hohe Wertschätzung im Land. Das in mich gesetzte Vertrauen, mit diesem Pfund verantwortungsvoll umzugehen, nehme ich als Motivation für die Arbeit wahr. Sehr gerne möchte ich gemeinsam mit dem sehr offenen und dynamischen Team der Geschäftsstelle, dem Vorstand und unseren Mitgliedsverbänden die LKJ Sachsen als lebendigen Verband in diesem Sinne weiter entwickeln und freue mich auf die Gestaltung dieses wichtigen Bereichs.

Im Gespräch mit Dr. Christine Range zu ihrer 24-Jährigen Tätigkeit als Geschäftsführerin der LKJ Sachsen

Seit 1993 bist du Teil der LKJ, davon die meiste Zeit als Geschäftsführerin tätig, wie hat sich der Blick auf die kulturelle Bildung bzw. das Arbeitsfeld in dieser Zeit verändert?

Die LKJ hat in den nunmehr fast 30 Jahren ihrer Existenz ein klares Profil mit klaren Programmstrukturen entwickelt und sich in die programmatischen Debatten der sächsischen Jugendpolitik und zum Konzept der kulturellen Kinder- und Jugendbildung als Dach- und Fachverband mit fundierten fachlichen Positionen klar, kritisch und konstruktiv eingebracht. Seinen Anfang nahm alles 1993 mit der Einrichtung einer Geschäftsstelle mit drei Personalstellen. Mitten in der Zeit des Umbruchs, der Schließung vieler Kultureinrichtungen und Jugendhäuser und der folgenden Arbeitslosigkeit vieler MitarbeiterInnen folgte eine nahezu paradiesische Zeit für die kulturelle Bildung im Zuge des Aufbau-Programms Freie Träger (AFT-Programm). Es entstand eine Vielzahl von Trägerstrukturen, die dank eines finanziell gut ausgestatteten Programms zur Arbeitsbeschaffung (ABM) auch personell gut besetzt waren. Danach sollten sie durch die verantwortlichen Kommunal- und Landesbehörden in eine Regelfinanzierung überführt werden. Die Kommunen standen in der Pflicht, waren dazu aber finanziell nicht oder nicht in erforderlichem Maße in der Lage. Das hat sich bis heute kaum verändert. Das starke Interesse der Vereine und Verbände an der Zusammenarbeit mit Schulen wurde mit dem Verweis auf die Aufgaben der Jugendhilfe leider nicht positiv bewertet, was 1999 mit dem Wechsel der Zuständigkeit für die kulturelle Jugendbildung vom Kultus- ins Sozialministerium noch einmal sehr deutlich wurde. Die LKJ und ihre Mitgliedsverbände sahen sich seit Mitte der 90er Jahre einem zunehmenden Rechtfertigungs- und Legitimationszwang ausgesetzt, weil das Landesjugendamt als zuständige Behörde die kulturelle Arbeit von und mit Kindern und Jugendlichen nicht als Teil von Jugendarbeit ansah. Es war ein zähes Ringen um Akzeptanz. Das hat sich inzwischen geändert, auch dank der BKJ e.V., der Enquetekommission des Deutschen Bundestages, verschiedener Positionspapiere des Städte- und Landkreistages, der Gewichtung, die die kulturelle Bildung im SMWK unter der Staatsministerin Dr. Eva-Maria Stange erfahren hat und auch dank der Einrichtung der Netzwerkstellen in den Kulturräumen.

Welche Meilensteine, aber auch Herausforderungen und Hindernisse sind in Erinnerung geblieben?

Die LKJ hat schon in den 90er Jahren das Thema "Jugendarbeit und Schule" zum Schwerpunktthema erklärt und seit 1996 Projekte mit Schulen durchgeführt. Aus heutiger Sicht waren wir eine Art Vorreiter für ein inzwischen fast alltägliches Miteinander von Schule, Kultureinrichtungen und Jugendhilfe. Mit dem Ziel der Belebung der Jugendarbeit im ländlichen Raum führten wir 1996 den 1. Landesweiten Jugendkulturtag in Oschatz durch, 8 weitere folgten. 1998 schrieben wir den ersten landesweiten Wettbewerb um den Jugendkunstpreis aus. 2008 war Premiere für den Wettbewerb um den Sächsischen Kinderkunstpreis. Kaum jemand erinnert sich mehr mit Blick auf inzwischen 7 erfolgreich durchgeführte Wettbewerbe daran, wie hart wir auch dafür kämpfen mussten. 2001 beteiligten wir uns als eines von 5 Bundesländern mit 25 Freiwilligen am Modellprojekt FSJ Kultur. 2011 nutzten wir die Einführung des BFD, um die Anzahl der Freiwilligenstellen ausbauen und der hohen Nachfrage besser entsprechen zu können. Inzwischen begleiten wir jährlich mehr als 150 Freiwillige in fast 100 Einsatzstellen. In besonderer Erinnerung blieb die Protestkundgebung vor dem Sächsischen Landtag, die die LKJ in Zusammenarbeit mit anderen Trägern im Februar 2010 initiierte. Mehr als 3.500 Teilnehmer waren dem Aufruf gefolgt, um gemeinsam gegen die Kürzungen in der Jugendhilfe zu protestieren. 2013 wurde die LKJ Sachsen e. V. für die mehr als 20jährige erfolgreiche internationale Arbeit mit Polen und Frankreich mit dem Weimarer-Dreieck-Preis ausgezeichnet.

Ich erinnere mich an gefühlt viele dutzende Widersprüche gegen Kürzungen von Fördermitteln, an Klagen vor dem Verwaltungsgericht gegen den Freistaat, um für unsere Rechte und die unserer Zielgruppen zu streiten. Es gab viele schlaflose Nächte, aber auch viel Anerkennung für unsere Arbeit.

Was möchtest du der LKJ aber auch dem Feld der kulturellen Bildung in Sachsen mit auf den Weg geben?

Mut und Stärke hat die LKJ in 25 Jahren immer wieder bewiesen, weil wir eine Vision haben: allen Kindern und Jugendlichen, die es wollen, unabhängig von Wohnort und sozialer Herkunft, kulturelle Teilhabe zu ermöglichen. Es hat lange gedauert, bis die kulturelle Bildung in Sachsen in ihrer Bedeutung für die Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen – auch als Querschnittsaufgabe im Dreieck Jugend-Kultur-Bildung – anerkannt wurde. 2015 wurde die kulturelle Bildung erstmalig als thematischer Arbeitsschwerpunkt in der Jugendhilfeplanung des Freistaates benannt – das haben wir gefeiert - für den Zeitraum 2021 bis 2025 ist sie es schon wieder nicht mehr. Aber kulturelle Bildung ist keine Mode, sondern Teil der grundständigen Bildung. Auch wenn 2018 das Landeskonzept zur kulturellen Bildung verabschiedet wurde, in dem sehr viele Positionen der LKJ eingeflossen sind, steht seine Umsetzung in großen Teilen noch aus. Die LKJ muss dranbleiben, auch im Bündnis mit anderen Kulturverbänden und den Netzwerkstellen kulturelle Bildung in den Kulturräumen. Ihre Stimme wird gebraucht und muss hörbar bleiben in fachlichen, kultur- und jugendpolitischen Diskursen, sie sollte zu ihren Grundüberzeugungen stehen und für sie streiten. Ein Verband eben, der mit seinen Projekten und seiner Arbeit immer wieder unter Beweis stellt, dass hohe fachliche Ansprüche und Partizipation von Kindern und Jugendlichen zusammengehören und dass sich die Vielfalt der Lebenswirklichkeiten in den Projekten wiederfindet. Die LKJ sollte auch in den nächsten 20 Jahren ein Fachverband bleiben, der für Qualität und Offenheit steht, sich politisch positioniert und handelt, weil er sich für Bildungsgerechtigkeit, kulturelle Vielfalt und Teilhabe und mehr Internationalität in der Jugendarbeit einsetzt.

 

Interview mit Henning Homann, Jugendpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag

Am 19. April wurden die Änderungsanträge der Koalition im Ausschuss für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt beschlossen. Sind Sie in Hinblick auf Ihre Forderungen für die Kinder- und Jugendarbeit zufrieden? Wo setzt die SPD ihre Schwerpunkte?

Als SPD war es uns besonders wichtig, dass die momentan schwierige Haushaltslage nicht auf Kosten des sozialen Bereichs und insbesondere nicht auf Kosten der Kinder und Jugendlichen gehen darf. Wir haben von Anfang an deutlich gemacht, dass sich ein Kürzungshammer wie 2011 nicht wiederholen wird. Nach zähen Verhandlungen auf Regierungsseite und einer enormen Unterstützung von der Zivilgesellschaft konnten sich Petra Köpping und Martin Dulig durchsetzen. So konnten wir u.a. Gelder für die Schulsozialarbeit, die Jugendpauschale oder die Jugendhilfe auch in den kommenden zwei Jahren sichern. Mit dem "Pakt für die Jugend" erhalten Träger der freien Jugendhilfe endlich Planungssicherheit, weil eine Förderung über fünf Jahre ermöglicht wird.

In den Haushaltsverhandlungen haben wir uns gemeinsam mit CDU und BÜNDNIS 90/Die Grünen auf  weitere Verbesserungen geeinigt. Im Sozialausschuss wurde am 19. April 2021 im Zuge der Anträge der Koalition u.a eine Erhöhung der Jugendpauschale und die Förderung aus einer Hand über den Kommunalen Sozialverband, ein Kleinprojektefonds oder eine Förderung von Modellprojekten zur Digitalisierung der Kinder- und Jugendarbeit beschlossen. Insgesamt legen wir im Kinder- und Jugendbereich eine ordentliche Schippe drauf - worüber ich natürlich sehr froh bin.

 

Teilen Sie unsere Sorge, dass es 2021 vor allem auf kommunaler und Landkreisebene zu tiefen Einschnitten in die Jugend- und Jugendkulturarbeit kommen wird? Erste Zeichen sind ja bereits gesetzt. Wenn ja, was ist Ihre Botschaft an die Einrichtungen und Vereine? Wenn nein, worauf gründet sich Ihre Zuversicht?

Uns ist allen bewusst, dass die Haushaltslage im Land, aber auch in den Kommunen nicht einfach ist. Doch die Krise darf die Zukunft unseres Freistaates nicht gefährden. Als SPD haben wir sichergestellt, dass es von Seiten des Freistaates im Kinder- und Jugendbereich keine Kürzungen geben wird. Wir nehmen unsere Verantwortung gegenüber den vielen engagierten Menschen in den Einrichtungen und Vereinen ernst. Ich appelliere an die Kommunen und Landkreise hier mitzuziehen und ihre Prioritäten entsprechend zu setzen.

 

Bitte kommentieren Sie kurz die neuen Bildungsziele und thematischen Arbeitsschwerpunkte der Überörtlichen Jugendhilfeplanung für die Jahre 2021 bis 2025. Die LKJ ist, wie Sie sich denken können, nicht glücklich darüber, dass die kulturelle Bildung kein Schwerpunkt mehr ist, gerade vor dem Hintergrund der Arbeitsaufgaben, die sich aus dem Landesweiten Konzept der kulturellen Kinder- und Jugendbildung ergeben.

In der überörtlichen Jugendhilfeplanung für die kommenden Jahre wurden bewährte Ziele und Arbeitsschwerpunkte fortgeschrieben und notwendige Erweiterungen, wie das Bildungsziel "Gesundes Aufwachsen" aufgenommen. Dass kulturelle Bildung kein eigenständiges Bildungsziel mehr ist, sondern als immanenter Bestandteil der Jugendbildung angesehen wird, kann man kritisieren. Da das Thema jedoch Einzug in die Beschreibung der anderen Bildungsziele genommen hat, hoffe ich darauf, dass die Relevanz der kulturellen Bildung über alle Bereiche hinweg deutlich wird. Diese Intention wurde in der Jugendhilfeplanung auch explizit festgehalten.

 

 

Interview mit Sebastian Schwalbe, Flexibles Jugendmanagement des Jugendrings Oberlausitz e.V.

Am 9./10. Oktober findet in Sachsen die "Nacht der Jugendkulturen" statt. Was 2019 mit 9 Aktionen begann, setzt sich in diesem Jahr mit 13 Aktionen in ländlichen Kommunen Sachsens fort. Der Jugendring Oberlausitz ist mit dem „Flexiblen Jugendmanagement", welches u.a. selbstverwaltete Jugendclubs betreut, mit einer Aktion in Reichenbach beteiligt. Wir waren mit Sebastian Schwalbe im Gespräch:

Sie beteiligen sich bereits zum 2. Mal an der Nacht der Jugendkulturen, warum?

Als Projekt des Jugendring Oberlausitz e.V. ist es unser Ziel, jungen Menschen im ländlichen Raum beteiligungsorientierte ansprechende kulturelle Freizeitangebote zu unterbreiten. Dies führt langfristig dazu, dass sie sich zum einen als selbstwirksam und selbstbestimmt erleben. Zum anderen erhöht es die Wahrscheinlichkeit, dass sie ihre Region als attraktiv empfinden bzw. sich mit ihr identifizieren können.

Welche Aktionen planen Sie?

In diesem Jahr wollen wir wieder den Skatepark im Freibad von Reichenbach kostenlos öffnen. Im Vergleich zum letzten Jahr wollen wir dabei noch einen drauf setzen und bieten neben der bewährten Skate- und BMX-Aktion eine DJ-Station und eine Graffitiwall an. Diese werden jeweils von erfahrenen Ansprechpartnern betreut und begleitet.

Kommen die Ideen von den Jugendlichen oder wer plant die Veranstaltung?

Indirekt kommt die Idee von Jugendlichen, die uns ursprünglich darauf aufmerksam machten, dass der Zugang zum Park mit dem Eintritt zum Freibad verbunden ist. Da dies auf Dauer den Taschengeldbeutel strapaziert, versuchen wir mit der Belebung der Anlage den Bedarf nach einem freien Zugang und dessen Chancen gegenüber den Verantwortungsträgern zu signalisieren.

Interview mit Kathrin Kroschk, Leiterin der Stadtbibliothek Groitzsch

Die Stadtbibliothek Groitzsch ist Kooperationspartner im Projekt "Neuland - Kulturbündnisse im ländlichen Raum. Wir haben Frau Kroschk zu dieser Zusammenarbeit befragt:

Was hat Sie bewogen, im Rahmen des Neuland-Projekts mit der LKJ Sachsen zu kooperieren?

Frau Venne, die Projektleiterin von NEULAND hier in Groitzsch, besuchte mich in der Bibliothek und stellte das Projekt vor. Das passte sofort. Wir hatten und haben hier in der Bibliothek viele kreative Ideen, deren Umsetzung wir alleine aber z. T. gar nicht schaffen können. Generell finde ich es sinnvoll und wichtig, sich zu vernetzen, Kräfte zu bündeln und dadurch gemeinsam mehr zu erreichen. Gesellschaftliche Teilhabe, Mitmachen, gemeinsam und voneinander lernen, kreativ sein und Neues entdecken – in diesen Bereichen steckt ganz viel Potential für die Zusammenarbeit, welches wir auch ausschöpfen möchten. Das Entwicklungskonzept der Bibliothek sieht vor, diese in den kommenden Jahren zu einem Erlebnisraum („Dritter Ort") zu entwickeln. Neben der reinen Medienausleihe sollen kreative und technikorientierte Mitmach-Angebote ausgebaut bzw. neu geschaffen werden. Die Einrichtung eines Kreativraums/Makerspace, der für alle Altersgruppen und Interessenten zugänglich ist, gehört dazu. Hier ist ganz deutlich zu sehen, dass sich Interessen und Ziele von NEULAND und Bibliothek überschneiden.

Wie sieht die Zusammenarbeit konkret aus?

Die LKJ koordiniert im Rahmen von NEULAND die gemeinsamen Projekte, die Bibliothek und andere Einrichtungen wirken auf vielfältige Weise mit. Zum Beispiel sollte die Bibliotheksfassade ansprechender gestaltet werden, gerne durch Graffiti und gerne durch Jugendliche. In der LKJ fanden wir einen starken Koordinator, mit dem wir diese Idee schließlich in Zusammenarbeit mit der benachbarten Kita und dem Gymnasium umsetzen konnten. Ich bin vom Ergebnis sehr beeindruckt und hoffe, dass die entstandenen Bilder bald unsere Fassade und die der Kita zieren werden.

Seit Juli 2020 befindet sich der Kreativ-Treff aus dem Projekt NEULAND in der Bibliothek. Dafür haben wir den ehemals als Büro genutzten Raum umgestaltet. Die LKJ stellte einen Teil der Ausstattung i. F. v. Tischen, Stühlen, ein durch Jugendliche selbst gebautes Paletten-Sofa sowie Nähmaschinen und Material zur Verfügung. Die Bibliothek stellt in diesem Raum Medien mit kreativen Ideen bzw. Anleitungen aus. Zukünftig möchten wir hier gerne auch Projekte aus den Bereichen Robotic und Coding durchführen, welche durch Medienpädagogen angeleitet werden.
Die Bibliothek unterstützt die LKJ durch ihre Öffentlichkeitsarbeit, z.B. durch Artikel im Amtsblatt der Stadt Groitzsch, auf unserer Homepage und durch die Auslage bzw. den Aushang von Flyern und Plakaten. Für gemeinsame Projekte stellen wir Raum sowie Material zur Verfügung und bemühen uns aktiv um ehrenamtliche Kräfte, die sich in die Projekte einbringen. Bei der Beantragung von Fördermitteln sind Bibliothek und LKJ jeweils Bündnispartner.

Was kann die Bibliothek als Freizeitort Jugendlichen bieten? Wie kann sie für Jugendliche noch attraktiver werden?

Im Moment beschränkt sich unser Angebot für Jugendliche neben dem Kreativ-Treff auf die Medienausleihe. Mit dem Buchsommer Sachsen bieten wir eine Ferienaktion an, bei der TeilnehmerInnen zwischen 10 und 16 Jahren während der Sommerferien 3 Bücher lesen und dafür ein Zertifikat erhalten, an einer Verlosung teilnehmen und eine Autorenbegegnung erleben können. In den kommenden Jahren möchten wir die Jugendbibliothek neugestalten und um einen Gaming-Bereich erweitern. In unser Veranstaltungsangebot möchten wir Gaming-Contests, Robotic-Projekte, Software-Workshops (z.B. Scratch) und Events einbinden. Darüber hinaus sind wir offen für weitere Ideen. Vieles davon können wir aber nur gemeinsam mit starken Partnern umsetzen, wie z. B. der LKJ und anderen Einrichtungen der Jugendarbeit in Groitzsch.

Das Theater Plauen-Zwickau im Home-Office

Einen wunderschönen guten Tag, wünscht euch euer weißer König! Hier ist nun die aktuelle Zahl von Mittwoch vergangener Woche: Es sind 621 Nachrichten eingegangen.“ Frank aus unserer inklusiven Theatergruppe VOLL normal hat seit vier Wochen eine besondere Aufgabe. Er zählt. Rund 20 Mitglieder der Gruppe treffen sich auf WhatsApp, tauschen Grüße aus und unterhalten sich. Jede Woche gibt es eine kleine Aufgabe. Mit großer Freude wird diese erledigt und zu einem Video zusammengesetzt. Eigentlich sollte am Sonntag, dem 26. April Premiere sein. „Der Weg ins Glück“, so der Titel unseres aktuellen Stückes, scheint ganz schön lang zu werden.

Eine neue Situation

Warten müssen auch die Künstler*innen unseres Hauses. Viele Inszenierungen standen kurz vor der Premiere, als der Lockdown kam. Statt alle zusammen im Theater, heißt es nun: jeder für sich zuhause. Unsere Mitarbeiter*innen melden sich von dort, zeigen Einblicke in ihre Arbeit und in ihr Heim. Balletttraining mit Sofa, singen mit Kuscheltierzoo, fünf Stufen der Trauer eines Schauspielers, OrchestermusikerInnen spielen lieber zusammen als allein, so etwas gab es in der Form vor Corona noch nicht. Neue Einblicke hinter die Kulissen schaffen neue Brücken zum Publikum. Unser Intendant Roland May läuft durchs leere Theater, setzt sich einsam in die Reihen und auf den Platz des Pförtners bevor er erneut informiert, was in dieser Spielzeit nicht mehr stattfinden wird. Die Terminkalender der Mitarbeiter*innen sind eigentlich immer voll. Durch die Schließung des Theaters geraten wir ins Stocken, sind traurig über das, was nicht stattfinden kann, kommen ins Reflektieren, langweilen uns auch mal, machen Pläne, bilden uns vor allem digital fort. Wir gehen neue Wege und das auch analog. Die Clara-Schumann-Philharmoniker Plauen-Zwickau spielen in kleinen Gruppen vor Alters- und Pflegeheimen. Mitarbeiter*innen nähen Mundschutzmasken, unser Produktionsleiter verteilt sie an Einrichtungen. Wir improvisieren und schaffen uns Tätigkeitsfelder. Schauen, was wird gerade gebraucht? Wie können wir helfen?

Mein Kollege zeigt im Video, was ein Theaterpädagoge im Homeoffice macht. Er erlebt selbstverständlich Abenteuer, denn Theaterspielen heißt die eigene Vorstellungskraft zu aktivieren. Dies versuchen wir ebenso mit unseren Clubmitgliedern, verteilen kleine Aufgaben und freuen uns miteinander an den Ergebnissen. Nicht alle sind dabei. Einige tauchen ab. Man sieht sich eben nicht, erlebt die gewohnte Gemeinschaft nur in geringem Maße. Außerdem besuchen wir Webinare, testen neue Tools aus, informieren Schulen und Kitas über die neuen Entwicklungen und bereiten vor - Fortbildungen, Materialien, Förderanträge -, ob sie so zum Einsatz kommen, wissen wir nicht.

Grenzen gibt es auch

Hier gelangen wir an die Grenzen unserer Möglichkeiten. Wir können nicht wirklich planen, weil wir nicht wissen, wann man sich wiedersieht. Die Lust am gemeinsam anwesend Sein ist größer als ein digitales Meeting. Körper und Geist sind im Theater vereint, gern mit Unterstützung digitaler Tools, aber eben nicht nur mit ihnen. Den anderen fühlen, riechen, ihm in die Augen schauen, das ist unersetzbar. Hinzu kommt, dass wir technisch nicht so gut ausgestattet sind, wie man es sein müsste, um die Möglichkeiten des Webs zu entdecken. Heißt: Das Internet ist langsam, der Rechner auch. Als Theaterpädagog*innen machen wir das beste daraus. Mein Kollege schreibt Geschichten vom kleinen Ritter Frix und liest sie mit Unterstützung unserer Freiwilligen Selina vor. Bufdi Elisa unterstützt nach wie vor unsere inklusive Theatergruppe. Jetzt eben per WhatsApp.

Was machen die Freiwilligen?

Und was tun unsere Freiwilligen noch? Sie sind wie wir im Homeoffice. Übernehmen Aufgaben in den Familien, langweilen sich … Lassen wir sie einfach selbst zu Wort kommen:

Selina Ebert (Bundesfreiwillige, Zwickau): „Neben Videokonferenzen, die je nach Internetverbindung mehr oder weniger flüssig ablaufen, gestalte ich den kleinen Ritter Frix und erwecke die Figuren zum Leben. Das reicht nicht aus, um die vielen öden Stunden rumzukriegen. Aus diesem Grund lasse ich meiner Fantasie freien Lauf und verliere mich immer wieder in Projekten, wie dem Bau einer aus Pappröhren bestehenden Minigolf- Anlage oder dem Batiken langweiliger weißer T-Shirts. Sachen, die ich in letzter Zeit aus den Augen verloren hatte, wie das Bauen mit Lego habe ich wieder, das Häkeln von Dreadlocks neu entdeckt.“

Elisa Ender (Bundesfreiwillige Plauen): „Leider befinde ich mich als Bundesfreiwillige des Theaters Plauen-Zwickau zurzeit im Homeoffice. Zwischen Listen und Stückvorbereitungen bleibt mehr als genug Zeit, meinen jüngeren Brüdern bei den Hausaufgaben zu helfen.

Eine Online-Variante für unser Eigenprojekt zu basteln, ist gerade das kreativste, was meine Bufdi-Kollegin Selina und ich machen können. Aber auch hierbei funkt uns die Kontaktbeschränkung dazwischen und das Internet auf dem Dorf erleichtert die Onlinekonferenzen nicht wirklich. Ich freue mich jedenfalls schon wieder sehr darauf von Angesicht zu Angesicht mit jemandem zu sprechen und nicht nur das verpixelte, stockende Videobild vor mir zu haben.“

Um den Bogen zu schließen, geht das Schlusswort an Nancy aus der Gruppe VOLL normal. Sie ist jeden Mittwoch die erste im Chat. Hoffen wir, dass das, was sie dort sagt auch bald wieder im Theater zu hören sein wird: „Was? Es ist schon wieder zu Ende? Schade.“

Wir danken der Theaterpädagogin Steffi Liedtke und ihren KollegInnen für Ihren Bericht für den in puncto 2/2020!

Das LKJ-Team, April/Mai 2020

 

Interview mit Torsten Tannenberg, Geschäftsführer des Sächsischen Musikrates

Mit der Fahrtkostenförderung für Laienmusik-Ensembles werden diese bei Fahrten zu Auftritten oder Wettbewerben wesentlich entlastet. Der Sächsische Musikrat setzt damit das Ziel des Landesweiten Konzepts für Kulturelle Bildung - Teilhabegerechtigkeit durch Kostenfreiheit für Angebote der Kulturellen Kinder- und Jugendbildung -  um. Wie haben Sie es geschafft, eine solche Förderung zu ermöglichen?

Im Rahmen stetiger Konsultationen mit einzelnen Abgeordneten des Sächsischen Landtags konnten wir langfristig diese Idee eines Fahrtkostenfonds umsetzen. Dabei war es wichtig, mit einem realistischen Konzept in Vorleistung zu gehen.  

An welche Bedingungen ist die Förderung geknüpft?

Der Sächsische Musikrat stellt Fahrtkosten für sächsische Ensembles des instrumentalen und vokalen Laienmusizierens zur Verfügung. Erstattet werden Kosten für die Teilnahme an Probelagern, Wettbewerben und Internationalen Begegnungen in Deutschland und im europäischen Ausland in der Regel bis zu 1.000 Euro, in Ausnahmefällen bis zu einer Höchstgrenze von max. 2.000 Euro. Die Förderung erfolgt als Vollfinanzierung. Alle Einzelheiten findet man auf unserer Webite.

Wie wird das Angebot von den Gruppen bisher genutzt?

Die Förderung ist seit März 2019 ausgeschrieben und die bereit stehen Mittel werden gut nachgefragt.  

Wieviel Euro stehen jährlich für die Förderung zur Verfügung und wer stellt die Mittel bereit?

Im laufenden Doppelhaushalt stehen im Einzelplan des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft, Kultur und Tourismus jährlich 100.000 Euro im Fonds bereit, wobei wir 8% davon für Verwaltungskosten benötigen.

Halten Sie das Konzept für übertragbar, z.B. für Tanzgruppen, die an Auftritten oder Wettbewerben teilnehmen?  

Natürlich ist das Konzept übertragbar. Ich halte z.B. auch eine Förderung von instrumentalen und vokalen Schulensembles für sehr wichtig. Dies könnte u.a. auch aus den GTA-Mitteln erfolgen, die in einer Größenordnung von fast 46 Mill. Euro im laufenden Haushalt zur Verfügung stehen.


 

Interview mit Katharina Seifert, KulturKino Zwenkau

Der Verein "Kulturinitiative Zwenkau“ besteht seit 2003. Seitdem haben Sie in Zwenkau einen attraktiven kulturellen Begegnungs- und Veranstaltungsort unmittelbarer Nähe zu Leipzig geschaffen. Warum ist es wichtig, kulturelle Angebote vor Ort  zu haben bzw. hat sich ihr Konzept aus Kino-, Musik- und Theaterveranstaltungen sowie Räumlichkeiten für die Musikschule bewährt?

Kulturelle Angebote vor Ort sind wichtig, um möglichst vielen Menschen kulturelle Teilhabe zu ermöglichen. Wir denken da besonders an junge Menschen und Senioren, die oft weniger mobil sind und nicht ohne weiteres für einen Kino- oder Theaterbesuch nach Leipzig fahren können.

 

Seit September 2019 sind Sie Einsatzstelle in den Freiwilligendiensten Kultur und Bildung – was kann ein/e Freiwillige/r bei Ihnen alles erleben?

Jonny – unser Freiwilliger – unterstützt uns bei allen anfallenden Aufgaben im und um das KulturKino. Von der Planung und Umsetzung von Flyer- und Werbeaktionen für ausgesuchte Veranstaltungen und der Betreuung der Social-Media-Kanäle über ganz handwerkliche Tätigkeiten, aktuell z.B. bei der Reparatur der Bühnenkante, bis hin zu der Entwicklung, Organisation und Betreuung von eigenen Angebotsformaten. Da ist Flexibilität gefragt und jeder Tag sieht anders aus!

 

Sie haben sich mit weiteren Partnern  an der ersten sächsischen „Nacht der Jugendkulturen“ beteiligt. Wie haben die Jugendlichen die Idee aufgenommen?

Wir sind sehr glücklich mit der Resonanz auf die erste Zwenkauer JugendKulturNacht! Es waren an dem Abend rund 40 Kids bei uns zu Gast, um in verschiedenen Workshops, beim Siebdruck und Graffiti und einem großen MarioKart-Turnier mitzumachen. Die Stimmung war super und wir werden die Aktion so oder so ähnlich im neuen Jahr wiederholen!


 

Interview mit Oliver Gibtner-Weidlich, neues Vorstandsmitglied der LKJ Sachsen e.V.

Oliver Gibtner-Weidlich ist seit April 2019 mit einem Mandat des Objektiv e.V. im Vorstand der LKJ Sachsen. Er ist Projektmanager und Dozent in den Bereichen Digitalisierung, Kultur und Bildung und arbeitet derzeit u.a. an einer Plattform für Onlinefortbildungen im Bereich Kultur- und Projektmanagement.

Herr Gibtner-Weidlich, Sie sind seit diesem Jahr im Vorstand der LKJ Sachsen e.V. – was möchten Sie in die Vorstandsarbeit einbringen?

Ich möchte gern zwei Perspektiven in den Vorstand einbringen: Zum einen eine schulische Perspektive – ich arbeite seit vielen Jahren an Projekten, welche im schulischen Kontext durchgeführt werden. Und "Schule" beginnt sich nun endlich auch in Sachsen inhaltlich zu erneuern. Ein sehr spannender Prozess, in dem externe Partner immer wichtiger werden.

Zudem möchte ich eine digitale Perspektive einbringen. Für Kinder und Jugendliche ist eine digitale Gesellschaft selbstverständlich – die kulturelle Bildung muss darauf reagieren.

Sie arbeiten u.a. mit Museen im Bereich Digitalisierung zusammen.Wo liegen aus Ihrer Sicht die Potenziale von Digitalisierungsprozessen für die Akteure der kulturellen Bildung?

Digitalisierung findet vor allem auf zwei Ebenen statt: Der Technischen, mit Möglichkeiten, die vor wenigen Jahren kaum vorstellbar waren. Digitalisierung findet aber auch auf gesellschaftlich-sozialer Ebener statt. Die technischen Möglichkeiten haben große Auswirkungen auf unser (Zusammen)Leben. Auch für die kulturelle Bildung gibt es viele Chancen auf diesen beiden Ebenen. Technische Innovationen können sowohl die Bildungsarbeit selbst bereichern, als auch die Tätigkeiten in den Organisationen. Aber vor allem der Wandel auf gesellschaftlich-sozial Ebene ändert vieles. Ein Beispiel: Präsenz an einem bestimmten Ort ist nicht länger die zwingende Voraussetzung für die Teilhabe an kultureller Bildung. Institutionen, wie Museen, Kulturzentren oder auch Vereine, können kulturelle Teilhabe ermöglichen, ohne dass diese aufgesucht werden müssen. Das ist eine riesige Chance, bringt aber auch viele Herausforderungen mit sich. 

Mit Ihrer Plattform f-kub.org für Onlinefortbildungen bieten Sie in kompakter Form schnell abrufbares Wissen an. Ist die klassische ganztägige Fortbildung ein aussterbendes Format?

Ich glaube in der Tat, dass dies ein Auslaufmodell ist. Auch der Bereich der Weiterbildung wird zunehmend digital. Und Onlineweiterbildungen sparen nicht nur das Reisekosten- und Zeitbudget, was auch ein immenser Vorteil ist, wir können vor allem wesentlich mehr Menschen damit erreichen. Lebenslanges Lernen muss sich dem Leben anpassen und das heißt eben auch flexibler werden. Interessierte sollen lernen können, wann und wo es ihnen am besten passt.

Ich glaube, Präsenzveranstaltungen wird es dennoch auch in Zukunft geben. Allerdings werden diese wesentlich stärker den Fokus der Vernetzung und des Austausches haben. Die Formate werden sich dahingehend verändern.


 

Interview mit Hagen Wermers, Freiwilliger beim Netzwerk für Demokratie und Zivilcourage (NDK) Wurzen

Derzeit läuft die Bewerbungsphase für einen Freiwilligendienst ab September 2019 – wem würden Sie einen Freiwilligendienst empfehlen? Was hat er Ihnen gebracht?

Prinzipiell würde ich jede/r einen Freiwilligendienst empfehlen. Als ich mit der Schule fertig war, war ich mir recht sicher, was ich später machen wollte, aber sowas kann sich eben oft und schnell ändern - die Möglichkeit, sich zeitlich begrenzt auszuprobieren, anstatt der fünf, sechs Jahre, die z.B. ein Studium in Anspruch nehmen, hat mir sehr geholfen. Außerdem ist auch, denke ich, nicht zu unterschätzen, dass Leute, die ein Studium anstreben, ohne einen Freiwilligendienst teilweise bis sie Mitte 20 sind nicht aus einer "Lernumgebung" herauskommen, weshalb dieses Jahr m.M.n. eine wichtige Erfahrung ist.

Sie sind für Ihren FWD nicht in eine Großstadt gezogen. Was hat Sie bewogen, nach Wurzen zu gehen und sich für das Netzwerk für Demokratische Kultur zu engagieren?

Tatsache ist, dass ich auf die Stelle in Wurzen ursprünglich aufmerksam geworden bin, weil ich den Stadtnamen lustig fand, und als ich dann die Stellenbeschreibung gelesen habe, für mich feststellte, dass das NDK mit der spannendste Einsatzort ist. Da ich dann aus den Bewerbungsgesprächen herausging mit nur zwei Zusagen, von denen die andere Stelle auch eher eine Ausweichoption für mich darstellte, war die Entscheidung recht einfach. Ich hätte natürlich auch nach Leipzig ziehen können, was von hier nur 20 Minuten mit dem Zug entfernt ist, aber da a.) - Überraschung! - die Mieten in Wurzen deutlich niedriger sind, und b.) die Fahrtkosten über das Jahr ziemlich teuer gewesen wären (#freiefahrtfürfreiwillige), bin ich jetzt zufriedener Wahlwurzener.

An welche Grenzen sind Sie persönlich im Rahmen des Freiwilligendienstes gestoßen? Was waren Ihre wichtigsten Lernerfahrungen?

Was mir am Anfang und auch immer noch schwerfiel, war, aus diesem "Schul-Mindset" herauszukommen, wo dir für jeden Zeitabschnitt gesagt wird, was du zu tun hast, und es immer besser ist, noch ein zweites und auch drittes Mal nachzufragen - diesbezüglich habe ich auf jeden Fall dazugelernt. Was ich ebenfalls gelernt habe, war - da ich für mein FSJ von zu Hause ausgezogen bin - das führen des eigenen Haushalts (mal besser und mal schlechter), was aber natürlich nicht auf jede/n zutrifft. Und zuletzt, auch im Zusammenhang mit dem Umzug: Da sich mein komplettes soziales Umfeld geändert hat, fühle ich mich mittlerweile deutlich sicherer im Umgang mit neuen Leuten, was mir vorher oft Schwierigkeiten bereitet hat.


 

Interview mit Eva Cynkar, Projektleiterin von "Neuland - Kulturbündnisse im ländlichen Raum"

Worum geht es beim Projekt "Neuland"? Was ist das Ziel?

"Neuland" ist ein kulturelles Jugendbeteiligungsprojekt der LKJ Sachsen, das Jugendliche zwischen 13 und 17 Jahren in ländlichen Regionen Sachsens darin unterstützt, ihre kreativen Ideen für ihre Stadt, ihr Dorf oder ihre Gemeinde umzusetzen und ihr Lebensumfeld aktiv mitzugestalten. Vom wöchentlichen Hip Hop Kurs über den eigenen Filmdreh hin zur künstlerischen Neu- bzw. Umgestaltung von ungenutzten Räumen und Flächen ist alles möglich. Wir möchten die Jugendlichen begleiten und uns für ihr Mitspracherecht einsetzen, damit sie  ihre Heimatorte kreativ verändern können, sofern sie dies möchten.

Das Modellprojekt startete im Herbst 2018 an zwei Standorten im Kulturraum Leipziger Raum: Groitzsch und Geithain. Hier fanden im November und Dezember 2018 an zwei Schulen Ideenworkshops statt. Wieso gerade diese beiden Orte?

Gerade in sächsischen Kleinstädten in ländlichen Räumen sind Strukturen für die kulturelle Jugendbildung kaum vorhanden. Für junge Menschen gibt es außerhalb der Schule und aufgrund eingeschränkter Mobilität dann keine Möglichkeit mehr, um sich nachmittags zu treffen und gemeinsam kreative Ideen zu spinnen. Wir konzentrierten uns bei der Suche nach den zwei Standorten auf den Kulturraum Leipziger Raum, weil wir hier den Bedarf an kulturellen Teilhabeangeboten für Jugendliche gesehen haben. Dabei war es wichtig, Partner vor Ort ins Boot holen zu können. Jugendclubs, Vereine, soziale Einrichtungen, aber auch Schulen haben einen guten Kontakt zur jugendlichen Zielgruppe, den wir nutzen können. Nach einer Sozialraumanalyse fiel schließlich die Entscheidung auf Groitzsch und Geithain, da es in diesen Kleinstädten zwar kein großes kulturelles Angebot für junge Menschen gibt, wir aber die Möglichkeit gesehen haben, an vorhandene, wenn auch sehr geringe, Strukturen anknüpfen zu können.

Was ist das Besondere an diesem Projekt? Was daran kann beispielgebend für andere ländliche Regionen sein?

Mit dem Modellprojekt möchten wir jungen Menschen ausgehend von ihren Interessen Freiräume für kulturelle Entfaltungsmöglichkeiten eröffnen und damit gleichzeitig an einer kulturellen Belebung von Orten in ländlichen Regionen mitwirken. Davon profitieren alle: der positive Effekt durch neue Kulturorte und kulturelle Aktivitäten ist für die Gemeinde sicht- und erlebbar. Durch den partizipativen Projektansatz lernen junge Menschen, dass sich Beteiligung lohnt und wichtige Ergebnisse und Verbesserungen für sie selbst und die Gemeinde erreicht werden können – Erfahrungen, die zu einer stärkeren Identifikation der Jugendlichen mit ihrem ländlichen Lebensumfeld führen können.

Für die Jugendlichen ist die Teilnahme an allen Projektangeboten kostenlos. Ebenso entstehen für Gemeinden und Kommunen sowie für die Projektpartner keine Kosten.

Förderhinweis: Das Projekt wird im Rahmen des Programms "LandKULTUR – kulturelle Aktivitäten und Teilhabe in ländlichen Räumen“ der Bundesanstalt für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gefördert. Es ist Teil des Bundesprogramms Ländliche Entwicklung (BULE).


 

Interview mit Chiara Rauhut, ehemalige Freiwillige der LKJ Sachsen e.V. von 2017-2018 für den "in puncto - kulturelle Bildung" November 2018
Chiara Rauhut, im Bild in der Mitte zu sehen

Chiara, du hast im letzten Jahr einen Freiwilligendienst bei der LKJ Sachsen geleistet und betreust jetzt als Co-Teamerin Freiwillige in Seminarwochen der LKJ. Was hat dich dazu bewogen, diese Arbeit zu machen bzw. der LKJ treu zu bleiben?

Ich finde die Idee der Seminarfahrten super und hatte Lust selber weiter Ideen und Themen sowie Änderungsvorschläge mit einzubringen. Meine Tätigkeit ist eine gute Möglichkeit, um Einblicke in die Arbeit mit Freiwilligen zu bekommen und ich kann mir gut vorstellen im sozialen, kulturellen oder politischen Bereich tätig zu werden. Besonders interessiert mich auch die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Ich finde es eine gute Möglichkeit, über die Seminare das Interesse für relevante politisch-gesellschaftliche Themen bei jungen Menschen zu wecken.

Die Bundesfamilienministerin Giffey möchte die Freiwilligendienste immens ausbauen und sogar ein Recht auf einen Freiwilligendienst aussprechen. Findest  du, es sollten sich mehr Jugendliche für einen solchen Dienst entscheiden? Was bringt es aus deiner Erfahrung, sich zu engagieren?

Ich würde sagen "Jein". Ja, weil es eine tolle Erfahrung ist, ein Jahr lang intensiv in einer Einrichtung zu arbeiten und viel Verantwortung übertragen zu bekommen. Mich persönlich hat das Jahr sehr gestärkt und gezeigt, was mir gut tut und vor allem, was ich gut kann. Ich hatte viele Einblicke in verschiedene Bereiche, konnte Kontakte knüpfen und Gespräche mit Menschen führen, die im kulturellen Bereich arbeiten, habe also einen Einblick in die Arbeitswelt bekommen. Mich zu engagieren gibt mir ein gutes Gefühl, meine Energie und Motivation sinnvoll einzusetzen.

"Nein" würde ich eigentlich nur sagen, weil sich einige Bedingungen ändern müssten, damit ich es mit gutem Gewissen mehr Leuten empfehlen würde. Zum einen ist das Taschengeld zu niedrig für Menschen, die keine Unterstützung von ihren Eltern erhalten können und zu Hause ausziehen müssen. Zum anderen sind 40 Stunden Arbeit sehr fordernd und anstrengend, nicht jede Person hält dieser Belastung stand. Es kommt dabei natürlich auch auf die Einrichtung und die jeweiligen Aufgaben an. Hier würde ich mir ein Eingehen auf die individuellen Bedürfnisse der jeweiligen Freiwilligen wünschen.

Interview mit Markus Brückner, neuer Geschäftsführer des Verbands deutscher Musikschulen, Landesverband Sachsen e.V.

Sie haben sich das Ziel gesetzt, in kürzester Zeit alle Musikschulen in Sachsen zu besuchen, welche Eindrücke konnten Sie mitnehmen?

Ich dachte mir, wenn man irgendwo neu ist, stellt man sich erst einmal vor und das klappt am besten im persönlichen Gespräch. Nun hatte ich zwar alle Musikschulleiter/innen schon vor meiner Tour getroffen aber ich wollte gern die Musikschulen kennenlernen und mich wenigstens ein bisschen mit den Leiter/innen austauschen. Meine Eindrücke vom Besuch der 25 sächsischen VdM-Musikschulen waren sehr positiv und sehr vielfältig. Die Musikschulen leisten eine enorme Arbeit, ob in der Stadt oder auf dem Land. Jede Musikschule ist dabei etwas anders aufgestellt und hat jeweils ihre eigenen Probleme zu bewältigen. Andere Problemfelder dürfen und müssen sich leider alle Musikschulen teilen. Aber egal, in welcher Region die Musikschule ansässig ist, ob im Vogtland, in Hoyerswerda oder in Dresden, die inhaltliche Arbeit ist weitestgehend gleich und das Ziel, Kinder und Jugendliche auf ein lebenslanges Musizieren vorzubereiten, egal in welcher Form, verbindet sie.

 

Welche Ziele haben Sie sich gesetzt, was möchten Sie für den Musikschulverband mittelfristig erreichen?

Als Geschäftsstelle haben wir immer das Ziel, den Musikschulen und den Trägern ein guter Ansprechpartner zu sein und die Interessen und die vielfältigen Aufgaben der Einrichtungen zu unterstützen und zu vertreten. Gleichzeitig unterstützen wir die ehrenamtliche Arbeit des Vorstandes des sächsischen Landesverbandes um den 1. Vorsitzenden, Dr. Klaus-Dieter Anders.

Im November veranstalten wir den 2. Sächsischen Musikschulkongress und neben vielen Vorträgen und Fortbildungen wird sich auch ein Plenum mit dem zentralen Thema „Berufsbild Musikschullehrer“ befassen. Dieses Thema ist, neben der finanziellen Ausstattung der Musikschulen, eines der drängendsten dieser Zeit und wird uns auch mittelfristig beschäftigen.

 

Mit Blick auf die Wahlen im nächsten Jahr: Wo gibt es aus Ihrer Sicht Verbesserungsbedarf, was brauchen Sachsens Musikschulen?

Unabhängig von Wahlen, Sachsens Musikschulen brauchen, genauso wie alle Musikschulen in Deutschland, die Möglichkeit, sehr gute Arbeitsbedingungen für sehr gutes Personal zu bieten, um weiterhin auf vielfältige Weise und in unterschiedlichster Form Kindern und Jugendlichen aber auch anderen Interessierten die Chance zu eröffnen, mit Musik in Kontakt zu treten und z. B. ein Instrument zu erlernen und im Ensemble gemeinsam zu musizieren. Leider gestaltet sich die Suche nach Lehrkräften vor allem im ländlichen Raum aber auch in den Zentren immer schwieriger. Gemeinsam an Lösungen für gute Arbeitsbedingungen für Musikschullehrkräfte zu arbeiten ist somit schon heute wichtig.

Das Interview wurde für die Kategorie "Nachgefragt" im Newsletter "in puncto kulturelle Bildung" im September 2018 geführt