Im Gespräch mit Dr.in Nina Stoffers, neue Geschäftsführerin der LKJ Sachsen e.V.
Welche Inhalte und Schwerpunkte haben deine bisherige Arbeit geprägt und wie möchtest du diese in deine neue Tätigkeit einbringen?
Seit 15 Jahren bewege ich mich im Feld der kulturellen Bildung und zwar auf verschiedenen Pfaden: Zum einen bringe ich die wissenschaftlich-neugierige Forschungsbrille mit und interessiere mich für theoretische Auseinandersetzungen und Fachdiskurse, um gesellschaftspolitisch relevante Themen zu bearbeiten und wieder in die Praxis einzuspeisen. Ohne Praxis keine Theorie und ohne Theorie kein Vorankommen in der Praxis. Zum anderen habe ich prägende Impulse durch die feministische Mädchenkulturarbeit und die Begleitung und Beratung von verschiedenen kulturellen Praxisprojekten erfahren, die auf Selbstorganisation und Selbstwirksamkeit beruhen. Deshalb ist mir das Schaffen von Strukturen wichtig, in denen diese Aspekte handlungsleitend für Kinder und Jugendliche sind. Ich komme vor allem aus dem musikalischen Bereich, beschäftige mich als Kulturwissenschaftlerin aber auch schon sehr lange mit dem weiten Spektrum ästhetisch-künstlerischen Schaffens. Meine Arbeitsschwerpunkte beinhalten Fragen der Zugänge und Vermittlung, der machtkritischen kulturellen Repräsentation und danach, was diversitätssensible kulturelle Teilhabe eigentlich konkret bedeutet bzw. bedeuten kann. Da mich diese Fragen nach wie vor sehr beschäftigen, möchte ich sie einbringen und sehe gerade im Team der Geschäftsstelle viele Anknüpfungspunkte und eine große Motivation dafür.
Was motiviert dich in einem Landesverband wie der LKJ Sachsen für die kulturelle Bildung einzutreten?
Wenn wir uns (beruflich) im Bereich kulturelle Bildung engagieren, dann zumeist, weil uns die eigene Prägung und/oder eine intrinsische Motivation leiten; weil wir davon überzeugt sind, dass die Möglichkeiten, die wir in der Betätigung mit Kunst und Kultur finden, wichtig und wertvoll für uns und vielleicht auch für die Gesellschaft sind. So ist es auch mir eine Herzensangelegenheit, denn kulturelle Bildung kann starke Impulse auslösen und wegweisend für die Gestaltung des eigenen Lebens sein. Ich sage bewusst „kann“, denn kulturelle Bildung sollte nicht als Hoffnungsversprechung für alle gesellschaftlichen Problemlagen angesehen werden. Sie kann neue Perspektiven aufzeigen, die Eigenbeteiligung und das demokratische Miteinander befördern, die Persönlichkeit in der Auseinandersetzung mit der Welt entwickeln. Dennoch ist das Recht auf kulturelle Teilhabe häufig genug noch nicht einlösbar. Das hat z.B. mit geringeren Zugangschancen von bislang wenig repräsentierten oder marginalisierten Gruppen zu tun, mit einer im Vergleich zu den Städten schwierigen kulturellen Infrastruktur im ländlichen Raum oder auch damit, dass die Forschungslage z.B. zu Bedarfen und Angeboten im Bereich kulturelle Bildung noch sehr ausbaufähig ist. Da ich schon lange in Leipzig meinen Lebensmittelpunkt habe, ist es für mich ein absoluter Glücksfall, dass ich mich nun von hier aus um die Belange und die Vision, dass dieses Recht sachsenweit stärker und sichtbarer wird, einbringen darf.
Der Blick auf die kulturelle Bildung auf Landesebene ist (noch) frisch – was fällt dabei auf?
Das ist eine schöne Frage, denn in der Tat bringt der Luxus des frischen Blicks einiges Erstaunen mit sich: Im bundesweiten Vergleich wird die Struktur der Kulturräume immer wieder als produktives Beispiel genannt, wenngleich sich das Konzept sicher auch weiter entwickeln muss. Mit dem landesweiten Konzept kulturelle Bildung von 2018 ist Sachsen ebenfalls ein Meilenstein gelungen, an dessen weiterer und ernsthafter Umsetzung wir aber unbedingt arbeiten müssen. Dass kulturelle Bildung eine Querschnittsaufgabe ist, ist ebenfalls anerkannt, aber mir scheint, dass auch hier noch viel Luft nach oben in der tatsächlichen Umsetzung besteht. Auch in den Kooperationen mit Schulen kann ich mir noch eine intensivere Zusammenarbeit vorstellen. Die LKJ Sachsen hat sich einen sehr guten Ruf erarbeitet und genießt zu Recht eine hohe Wertschätzung im Land. Das in mich gesetzte Vertrauen, mit diesem Pfund verantwortungsvoll umzugehen, nehme ich als Motivation für die Arbeit wahr. Sehr gerne möchte ich gemeinsam mit dem sehr offenen und dynamischen Team der Geschäftsstelle, dem Vorstand und unseren Mitgliedsverbänden die LKJ Sachsen als lebendigen Verband in diesem Sinne weiter entwickeln und freue mich auf die Gestaltung dieses wichtigen Bereichs.